
Eine Woche voller ersten Male
Zwischen rolligen Nächten, Sushi und einem Crash
Kein Schlaf und eine Fahrt voller Highlights
Die Nacht von Sonntag auf Montag war für uns alle eine Tortur – wir fanden einfach keinen Schlaf. Grosse Wellen rollten seitlich gegen Scialla . Wenn Wind und Welle aus derselben Richtung kommen, ist das halb so wild. Aber von der Seite? Da gibt es keine bequeme Schlafposition. Wir wussten: Wir müssen raus aus dieser Bucht!
Wir fassten den Entschluss, bereits am Dienstag in den Hafen zu gehen, um uns dort zwei Tage eine Pause zu gönnen. Am Montag ging’s also los Richtung Süden, Ziel war Nodu Pianu (die Bucht ist nur eine Stunde vom Hafen Olbia entfernt und ziemlich gut geschützt) – und schon auf dem Weg gab es gleich drei Highlights:
Wir konnten fast die gesamte Strecke nur mit der Fock segeln, auf Raumschots-Kurs, und Scialla knackte stolze 6 Knoten – bravo! Ausserdem begegnete uns unterwegs der Skipper, bei dem wir vor drei Jahren unser Skippertraining absolviert hatten. Und als Krönung: Zwei Delfine tauchten auf, kreuzten unser Boot und verschwanden wieder – was für ein Tag!

SUP-Premiere für Doris
In Nodu Pianu fanden wir sofort einen super Platz und setzten zum ersten Mal den Anker bei über 10 Knoten Wind – er hielt perfekt, also erstmal ein kleines Schläfchen für alle.

Da der Wind stark blieb, liessen wir Mabel auf dem Deck (bei Wind eher schwierig sie ins Wasser zu lassen) und nahmen stattdessen das SUP. Abends paddelten Janine und Doris zusammen mit Juna an Land – das erste Mal SUP für Doris! Am nächsten Tag das Gleiche nochmal: Diesmal wehte es noch kräftiger und das Zurückpaddeln ging nur, weil wir uns diesmal beide hinsetzten – stabiler und weniger Angriffsfläche für den Wind.

Stressiges Anlegemanöver im Hafen
Um 14 Uhr ging’s ab in den Hafen. Es pfiff ordentlich Wind und wir waren froh um die guten Marineros, mit denen wir schon Erfahrung hatten. Dieses Mal mussten wir allerdings länger draussen warten und drehten unsere Kreise. Das Anlegen selbst war stressig: Bei starkem Wind hingen wir plötzlich mit dem Kiel an der Mooringleine des Nachbarn fest. Da wird man schon mal nervös, aber zum Glück helfen immer zwei Marineros mit. Die Badeplattform touchierte leicht das Dock – zum Glück nur kleine Schrammen.

Ein verspätetes Geburtstags-Sushi
Da wir einen Tag früher im Hafen waren, gab es uns etwas Zeit um Olbia zu erkunden, Vorräte aufzustocken und Doris am nächsten Abend gemütlich zum Flughafen zu bringen. Am Mittwochmorgen nahmen wir ein Taxi ins Zentrum – Ziel: Sushi! Das gehört für Janine jedes Jahr zum Geburtstag dazu, also wurde das nachgeholt. Aber erst gab’s Kaffee und eine Waffel.

In der Altstadt war es schön schattig und das All-you-can-eat-Mittagsmenü im Sushirestaurant kostete faire 18,90 € pro Person (ohne Getränke und Dessert). Leider waren wir nach der Waffel schon etwas satt um es voll auszukosten – lecker war’s auf jeden Fall!

Nach dem Essen organisierten wir den Shuttle zurück, mussten aber 1,5 Stunden warten. Also schlenderten wir noch durch die Gassen und gönnten uns einen Apero – so lässt es sich leben. Dann packte Doris ihre Sachen und mit dem letzten Shuttle des Tages ging’s zu dritt + Juna zum Flughafen. Abschied nehmen fällt immer schwer – wer weiss schon, wann man sich wieder sieht? Wieder nur zu zweit mit Juna liefen wir in der Abendsonne zurück in den Hafen – 40 Minuten mit schönstem Sonnenuntergang.

Ein Knall und ein teures Missgeschick
Eigentlich wollten wir am Donnerstag wieder raus aus dem Hafen – aber der Wind machte uns einen Strich durch die Rechnung. Wir entschieden uns eine weitere Nacht zu bleiben und abzuwettern. Wir genossen gerade das süsse Nichtstun – da gab es einen Knall.
Ein neuer Nachbar wollte ohne Hilfe bei starkem Wind anlegen – schlechte Idee. Er rammte Scialla gleich mehrfach! Wir sprangen raus, halfen beim Festmachen, die Marineros kamen angerannt. Der Grund: Er war zu ungeduldig, um draussen auf Hilfe zu warten. Ergebnis: Unsere Ankerführung war so verbogen, dass die Rolle (über die der Anker und die Kette läuft) nicht mehr hielt – ohne die können wir unseren Anker nicht benutzen. Und auch die Lippklampe (dadurch werden die Festmacherleinen geführt und dann auf einer Klampe belegt) am Heck auf der Backbordseite nahm Schaden – wahrscheinlich noch die Originalen von 1976. Ersatz ist lokal etwas schwierig zu finden.


Der Kapitän vom Nachbarboot versprach, alles zu zahlen, wollte aber keine Versicherungsdaten austauschen. Das machte uns etwas skeptisch. Wir sprachen mit der Marina, buchten sicherheitshalber bis Montag einen Platz, da wir noch nicht wussten, wann jemand unseren Schaden reparieren kann. Das Office half uns, einen Metallbauer zu finden und telefonierte für uns (Sprachbarriere) – er kam noch am selben Abend. Der kleinere Mitarbeiter zwängte sich in die V-Berth bis hinter den Ankerkasten – und lachte, als er unser Easter Egg fand:

Am nächsten Nachmittag wollten sie die Führung zurückbiegen, dafür mussten wir nur das Boot drehen: Bug voraus anlegen!
Eine teure Woche
Wir nutzten den nächsten Morgen für einen Abstecher ins Einkaufszentrum – Jan anerkannte die Tatsache, das eine Hose mit faustgrossem Loch zu ersetzten sei wie auch das nicht mehr so weisse Leinenhemd.

Dann drehten wir Scialla: das erste Mal Bug voraus anlegen. Für Jan komisch, weil er so nicht sieht, wie viel Platz er noch zum Steg hat. Ein- und Aussteigen ist etwas umständlicher, aber sonst kein Problem. Trotzdem sieht man, warum hier im Mittelmeer „römisch-katholisch“ angelegt wird: das Heck zum Steg, so spart man Platz und kommt leichter an Bord.

Der Metallbauer kam, bog alles zurecht, setzte die Rolle ein: 340 € (22% Mehrwertsteuer erhöht die Preise "leicht"). Bezahlt wurde später direkt beim Chef mit Kartenlesegerät. Jan ging danach gleich ins Marina-Office und bezahlte die Liegegebühr (diesmal 99 € pro Nacht anstatt 84€ - Wochenendpreis). Der Nachbar überwies uns das Geld für Reparatur, Klampe und die Zusatznacht – ob es wirklich ankommt, werden wir erst nächste Woche erfahren.

Währenddessen wusch Janine die Wäsche (die neuen Kleider sollten ja sauber sein) im Stadtzentrum von Olbia. Im Waschsalon trifft man immer nette Leute – oft andere Segler. Zurück ging’s dann mit dem Taxi, weil der Shuttle ausgebucht war. Wir machten Scialla klar und steuerten am Samstagmorgen Coda Cavallo an. Rückwärts ablegen klappte super – drei Stunden später lagen wir in einer vollen Bucht. Abends verschwinden die meisten Tagesgäste, nur wenige bleiben über Nacht.

Frühschicht und Improvisation
Am nächsten Morgen um 5 Uhr sah Jan plötzlich einen Mast gefährlich nah und rückwärts an uns vorbeiziehen – Panik! Hielt unser Anker nicht? Doch – es war ein anderes Boot, das wahrscheinlich spät in der Nacht ankam. Sein Anker schien nicht zu halten und driftete ab. Das Boot stand nun gefährlich nah bei einem Schweizer Katamaran hinter uns. Jan sprang ins Dinghy, weckte die Crew und warnte sie. Diese packten ihre Sachen und legten ab. Das driftende Boot hielt nun und wurde danach auch umgesetzt.
Da wir eh wach waren, gingen wir gleich mit Juna an Land, solange der Strand noch leer und die Luft noch frisch war. Zurück an Bord merkten wir: beim Ankern verkeilte sich die Rolle wieder. Der Stift, der die Rolle hält, war einfach zu kurz oder anders gesagt, die Halterung hätte noch mehr zurückgebogen werden müssen. Unsere Lösung? Zwei Muttern auf beiden Seiten in die Führung kleben (hallo Sikaflex 291), damit sich der Stift an einer engeren Stelle befindet – mal sehen, wie lange das hält. Improvisation ist oft unsere Rettung.

Eine Woche voller Premieren
Doris hatte in dieser Woche wirklich das volle Cruiser Paket. Sie hat live gesehen, dass das Bootsleben nicht nur aus Bikinis und Bier besteht. Sondern eben oft auch harte Arbeit, anstrengendes ausbalancieren an Bord, handwerkliches Geschick und viel Wetterplanung benötigt. Sie kann sich alles jetzt besser vorstellen und es war sehr schön, die vielen Erlebnisse direkt mit ihr zu teilen.
Delfine, Sushi, Hafen-Action, eine kaputte Ankerrolle, ein fremdes Boot, das uns rammt – und improvisiertes Handwerken. Was für eine Woche!