
Letzte grosse Fahrt der Saison
Von technischen Problemen, perfektem Segelwetter und Blessuren
Samstagmorgen gings los: nach langer Zeit machten wir unser Boot wieder einmal bereit für eine längere Fahrt. Die warmen Segelkleider, die Rettungswesten, die Sicherheitsleinen und ein Pullöverli für Juna lagen bereit. Das Bett im Salon war mit einer dicken Decke ausgestattet und wir hatten vorgekocht für die Überfahrt.
Wir legten sogar früher als gedacht ab und fuhren direkt zum äusseren Steg beim Porto Montenegro, wo sich der Zoll befindet. Der Steg dort ist für unsere kleine Scialla leider ziemlich hoch – etwa brusthoch, wenn wir davor standen. Gar nicht mal so einfach, sich aus dem noch fahrenden Boot mit den Leinen in der Hand über die Reling zu hieven. Aber es klappte wunderbar und wir konnten seitlich anlegen, erst das zweite Mal, seit wir unterwegs sind.

Von Porto Montenegro nach Zelenika
Kurz darauf kam jemand zu uns und meinte, die Polizei sei gerade „in einer Art Meeting“. Wir müssten etwa 1,5 Stunden warten, bis uns jemand ausklarieren könne. Er empfahl uns, stattdessen nach Zelenika weiterzufahren und dort auszuklarieren. Also legten wir wieder ab. In Zelenika hatten wir bereits einklariert, daher wussten wir, dass es dort gut klappt – und es lag ohnehin auf unserem Weg.
Das Ausklarieren ging schnell, obwohl das Büro des Hafenmeisters geschlossen war – die Polizistin vom Zoll übernahm seine Arbeit. So konnten wir früh raus aus der Bucht von Kotor, rein in die Adria. Man merkte deutlich, dass die Bootssaison vorbei ist – wir waren fast alleine unterwegs auf dem Wasser.
Technikprobleme und die ersten Seemeilen
Leider funktionierten unsere Windinstrumente nicht. Woran es liegt, wissen wir noch nicht – vielleicht ist die Batterie oben am Mast leer. Die Windrichtung kann man am "Verklicker" erkennen oder auch an den Fahnen, aber die Stärke ist deutlich schwieriger einzuschätzen. Es gibt zwar visuelle Hinweise auf dem Wasser, aber die sind in Beaufort, und da ist die Range eher gross.
Zum Segeln hätte es ohnehin nicht gereicht. Kurz vor Sonnenuntergang setzten wir noch das Grosssegel im ersten Reff, um zumindest etwas zu motorsegeln. Wir wussten, dass der Wind in der Nacht leicht auffrischen würde – vielleicht würde es also doch noch etwas mit dem Segeln.
Und tatsächlich: Gegen 23 Uhr konnten wir das Vorsegel setzen und den Motor ausschalten. Herrlich! Und noch herrlicher fürs Schlafen. Wir machten unsere 3-Stunden-Schichten, genossen die Fahrt, den Sternenhimmel und das völlige Alleinsein. Unter Segel konnten wir beide jeweils etwa 3 Stunden am Stück schlafen – purer Luxus auf einer Überfahrt.
Am Morgen flaute der Wind wieder ab und wir fuhren erneut unter Motor und Grosssegel weiter Richtung Italien. Wir merkten, wie erholt wir waren – der Motor störte uns dieses Mal viel weniger. Wir machten gute Geschwindigkeit und erreichten Bari nach ziemlich genau 24 Stunden.

Wieder in Italien
Wir gingen wieder in dieselbe Marina wie vor unserer Abfahrt. Der Besitzer schickte uns eine E-Mail mit einer Crewliste, die wir ausfüllen mussten (Namen, Geburtsdaten, Passnummern aller Crewmitglieder). Danach rief er bei der Polizei an, damit jemand zum Einklarieren vorbeikommt. Die Patrouille war schnell da, warf einen kurzen Blick in unsere Pässe und stempelte das Dokument ab.
Wir sind also offiziell wieder in Italien!

Den Rest des Tages holten wir Schlaf nach, putzten das Boot (war dringend nötig), besorgten uns eine volle Flasche Campingaz und entdeckten beim Spazieren durch einen Park in der Nähe Schwärme von kleinen grünen Papageien die in den Bäumen nisteten.
Ursprünglich hatten wir zwei Nächte gebucht, blieben dann aber insgesamt vier – das Wetter machte eine frühere Weiterfahrt unmöglich.

Zwischenstopp in Bisceglie
Wir entschieden uns, auf dem Weg nach Manfredonia einen Zwischenstopp einzulegen. Bisceglie liegt knapp vier Stunden entfernt und hat einen charmanten und günstigen Stadthafen. Unterwegs stellten wir fest, dass wir entweder sehr lange Fahrten (Nachtfahrten) oder aber kürzere Etappen bis etwa 6 Stunden am liebsten haben. Diese mittellangen Strecken (10-12 Stunden) mögen wir irgendwie weniger.
Am Donnerstag passte das Wetter perfekt und wir konnten den kompletten Weg segeln. Mit einem Maximum von 6.4 Knoten waren wir richtig flott unterwegs.


Die Ankunft im Hafen war dann etwas chaotisch: Wir probierten über 10 Minuten den Hafen per Funk und Telefon zu erreichen – ohne Erfolg. Später stellte sich heraus, dass der Hafenmeister kein Englisch spricht und deshalb nicht antwortete. Irgendwann meldete er sich dann doch zurück und wir konnten ihm in gebrochenem Italienisch sagen, dass wir eine Reservation haben.
Wir liegen zwischen zwei riesigen Motoryachten – Scialla wirkt winzig. Leider sind die Mooringleinen viel zu weit entfernt, sodass wir nur die dünnen Hilfsleinen vorne haben, um uns zu befestigen. Kein sehr sicheres Gefühl, aber der Wind sollte zum Glück die kommenden Tage, aus der anderen Richtung kommen.

Beim Gespräch mit dem Hafenmeister – viel Hände und Füsse – zeigte sich, dass er ein grosser Juna-Fan ist. Janine wollte gerade mit Juna auf dem Arm auf den Steg steigen, rutschte aus und fiel fast rückwärts ins Wasser. Zum Glück nur fast – ein paar Blessuren an Unter- und Oberschenkel und drei Leute mit einem Schockmoment.
Ein kurzer Blick auf Bisceglie
Die Stadt Bisceglie ist sehr schön und hat eine lange Geschichte. Sie wurde bereits im Mittelalter gegründet und war lange eine befestigte Handelsstadt. Die Altstadt ist geprägt von engen Gassen, hellem Stein und vielen normannischen Einflüssen. Besonders schön ist die Hafenpromenade, die abends richtig lebendig wird. Die apulische Küche, die man hier überall findet, ist einfach, gut und unglaublich frisch.

Ziel: Winterhafen Manfredonia
Wir planen momentan, am Montag weiterzufahren – je nachdem, wie sich das Wetter entwickelt.
Unser Winterhafen in Manfredonia ist perfekt geschützt und bietet einen Toppreis: Für vier Monate zahlen wir gerade mal 1'600 €. Hinter dem Hafen gibt es zwar einen Bahnhof, aber die Züge fahren dort offenbar nur in den Sommermonaten. Um in die Schweiz zu kommen, müssen wir also zuerst 40 Minuten mit dem Taxi nach Foggia fahren und von dort weiter mit dem Zug via Bologna – Mailand – Zürich. Insgesamt etwa 10 Stunden Reisezeit. Wird sicherlich speziell wiedermal im Zug zu fahren nach so langer Zeit.
Wir freuen uns sehr unsere Familien, Freunde und die vielen neuen Babys zu sehen und etwas schweizerische Küche (wie zum Beispiel eine Kebab-Pizza ;-)), Weihnachten und Neujahr im Kreise unserer Liebsten zu geniessen!
