
Segel setzen, Pannen meistern & Inseln entdecken
Eine Woche voller Premieren, Seemeilen & Entscheidungen
Anker lichten mit Hindernissen
Am Montagmorgen hiess es: Boot segelklar machen, ein letzter Landgang mit Juna in Porto Venere – und dann Anker lichten. Beim Hochziehen merkten wir allerdings, dass wir zusätzlich zu unserem Anker eine fremde, recht dicke Kette hochzogen. Vermutlich ein Überbleibsel eines verlorenen Ankers oder einer alten Muschelfarm. Wir zogen die Kette mit unserem Bootshaken vom Anker, leider blieb dabei der Haken hängen, und da die Kette so schwer war, riss sie ihn mit ins Wasser. Bye bye Bootshaken. 😢

Na ja, so ein materieller Verlust ist verkraftbar. Los ging's Richtung Porto di Pisa. Nach rund sechs Stunden unter Motor erreichten wir den Hafen.

Porto di Pisa – ein Hafen der Extraklasse
Porto di Pisa ist nicht umsonst der Top-Hafen in der Toskana. Die Kommunikation und die Unterstützung der Marineros waren erstklassig. Der Wind war ruhig, sodass wir ganz entspannt anlegen konnten. Direkt beim Anlegen bekamen wir vom Hafenarbeiter einen Badge für WC und Duschen – danach ging es noch kurz ins Office, um Versicherung, Bootsunterlagen und einen Ausweis zu zeigen. Übrigens, unsere Schiffsfahrausweise interessierte bisher noch niemanden.


Ein Ausflug nach Pisa und eine rasante Busfahrt
Die Stadt Pisa liegt etwas weiter im Landesinneren. Auf der App Navily (eine super App für Ankerplätze, Häfen, Bojen usw.) hatten wir gelesen, dass man ganz einfach per Bus innerhalb von 20 Minuten vom Hafen ins Stadtzentrum gelangt – für gerade mal 1 €. Bezahlt wird kontaktlos im Bus mit Karte, Handy oder Smartwatch – beim Ein- und Aussteigen. Solche simplen Systeme lieben wir.

In Pisa angekommen, holten wir uns einen Snack und machten uns auf den Weg zum – wie sollte es anders sein – schiefen Turm. Sehr touristisch, aber herrlich zu sehen, wie sich die Leute dort für Fotos in Pose werfen. Das könnten wir den ganzen Tag beobachten. Juna hat wie immer super mitgemacht.

Wir liefen danach zu einem etwas weiter entfernten Tiernahrungsshop, um für Juna etwas Futter aufzustocken - die Dame ist etwas wählerisch.

Zurück ins Stadtzentrum wollten wir mit dem Bus fahren – doch der Fahrer liess uns nicht einsteigen, weil wir für Juna keinen Maulkorb dabeihatten. In Italien Pflicht – meist reicht es, einen mitzuführen - wir haben's vergessen. Also ging’s zu Fuss zurück, im Schatten, mit vielen Pausen. Nach einem Stück Pizza liefen wir durch die Altstadt zurück zur Bushaltestelle. Der Bus zurück in den Hafen wollte erst nicht anhalten, und als Jan nachfragte, ob der Bus auch wirklich zum Hafen fährt, bekam er keine hilfreiche Antwort. Die Fahrerin machte währenddessen die Tür zu und fuhr los – ohne Janine und Juna.

Nach lautem Protest von Jan und den anderen Gästen im Bus hielt sie nochmals widerwillig an. Die Fahrt war rasant – ein Passagier wäre beinahe aus dem Sitz gefallen so schnell fuhr die Dame um die Kurven. Fast & Furios auf Italienisch. Aber: Wir kamen heil wieder in der Marina an.
Lust zu Kochen hatte an diesem Abend keiner von uns. Wir spazierten am Strand entlang und fanden ein grossartiges Restaurant: The Cliff bei der Marina di Pisa – günstige, leckere lokale Küche mit fantastischem Sonnenuntergangsblick. Ein echter Tipp, wenn man dem Stadttrubel entkommen will.

Wetterchaos und Bauchgefühl
Am nächsten Tag standen Besorgungen an: Trinkwasser kaufen (unser Tankwasser schäumt morgens wieder...), ein Einkauf im „Conad“, und im Marina-Shop gab’s einen neuen Bootshaken für 24 €.
Das kleine Städtchen rund um die Marina erkundeten wir auch. Besonders schön: der Pinienwald – leider voll mit Mücken, also blieben wir nicht lange.
Eigentlich hatten wir drei Nächte in der Marina gebucht. Doch das Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung. Es war viel Südwind angekündigt, und die meisten Buchten an der Westküste Italiens sind bei dieser Windrichtung schlecht geschützt. Unser Bauchgefühl sagte uns: eine Nacht verlängern – 59 €.

Auf nach Cala di Medici
Für die darauffolgende Nacht buchten wir einen Platz in der Marina Cala di Medici. Da uns danach eine längere Etappe bevorstand, war eine ruhige Nacht zu bevorzugen – in einer Marina sind wir morgens zudem schneller startklar da wir das Dinghy nicht für den Landgang mit Juna benötigen.
Die Route führte am Industriehafen von Livorno vorbei – viele Frachtschiffe, Fähren, Kreuzfahrtriesen. Die Spannung war hoch, aber wir meisterten es und konnten danach endlich segeln: am Wind, mit Leichtwind, Motor aus – pure Ruhe! Allerdings klemmte etwas beim Hissen des Grosssegels, also setzten wir das erste Reff (→ Reff = Segel wird verkleinert bei viel Wind). Trotzdem waren wir zügig unterwegs (Scialla hat ein leicht überdimensioniertes durchgelattetes Grosssegel).

Nach 5,5 Stunden kamen wir an.
Bevor man in einen Hafen einfährt, meldet man sich über den entsprechenden VHF-Kanal (UKW) des Hafens an.
Das läuft etwa so:
Jan: "Marina Cala di Medici, Marina Cala di Medici, this is Sailing Vessel Scialla, Scialla. We have a reservation for tonight and would like to enter the port, over."
Marina: "OK Scialla, we check your reservation please stand by on channel nine."
Jan: "Standing by on channel nine, over."
Marina: "Scialla, you can enter now. Your berth is Golf (G) five-three. We’ll send help for mooring."
Jan: "Thank you."
Das ganze läuft nicht wirklich nach Lehrbuch ab, das haben wir bereits aufgegeben und uns den lokalen Gegebenheiten angepasst. Die einzigen Funksprüche die wir bisher mitgehört haben, die wirklich korrekt abliefen waren von der Italienischen Marine – diese tätigt Schiessübungen unterhalb von La Spezia.

Wir mussten den Platz selbst suchen – aber dank der Übersichtskarte war das kein Problem. Es war wenig Wind und klappte problemlos. Im Hafen gab’s sogar einen kleinen Waschsalon – gleich genutzt. Wir wollten uns im nahegelegen Coop ein Brot für's Znacht holen (es blieb wie immer nicht nur beim Brot..). Da aussen nichts stand, dass Hunde verboten sind, nahmen wir Juna mit rein. Eine nette Dame informierte uns, dass man den Hund nur im Wagen mitnehmen kann und holte uns sogar auch gleich einen. Wir sind immer wieder erstaunt über die Freundlichkeit, die hier herrscht. Es gibt spezielle Hunde-Wägeli bei denen ist der Boden bereits mit einer Matte ausgelegt, sodass man keine Decke braucht und der Hund bequem auf dem Gitter stehen oder sitzen kann.

An diesem Abend (Freitag) kehrten die Charteryachten zurück in den Hafen, der Steg war voll und das warme Wasser in der Dusche bereits aufgebraucht – uns störte das nicht. Wir bleiben nur eine Nacht.
Capraia oder Elba?
Wohin als Nächstes? Elba mit einem Zwischenstopp in Baratti – oder direkt nach Capraia? Nach Tipps von anderen Seglern entschieden wir uns für Capraia. Dort gibt’s ein Bojenfeld vor dem Hafen – 30 € pro Nacht - allerdings keine Möglichkeit für Reservationen, first come first serve. Der Wind passte besser für Capraia, nach Baratti hätten wir gegen den Wind motoren müssen. So gingen wir das Risiko ein, keinen Platz an einer Boje mehr zu erhalten - ohne Grund, es hatte noch zur Genüge. Zum Festmachen an der Boje entschieden wir uns, da der Ankerplatz vor der Marina di Capraia Seegrass aufweist und dadurch schlechten halt bietet für die angekündigten Winde.
Rund 38 Seemeilen – ein langer Tag. Wir konnten früh die Segel setzen und kamen trotz Reff mit 5,5 bis 6,3 Knoten SOG (Speed over Ground) und bis zu 7,5 STW (Speed Through Water) gut hart am Wind voran (das entspricht etwa zügigem Jogging-Tempo an Land). Segeln ist eben eine langsame, aber wunderbare Art des Reisens.

Wir hatten ordentlich Krängung (das Neigen des Bootes bei Winddruck). Einige Dinge fielen sogar aus den Schränken. Auf dem Hallwilersee waren wir es gewohnt, alle 2–3 Minuten neu zu trimmen – hier blieb das Segel die ganze Zeit in Position - Herrlich! Nur die Abdrift unterschätzten wir, der Kurs musste mehrfach korrigiert werden.
Ankommen, entspannen, staunen
Nach 8 Stunden waren wir an der Boje. Bei dem Marinero der uns die Mooringleinen gab, mussten wir einen Ausweis abgeben, den man nach Bezahlung der Gebühren zurückerhält. Also hiess es: Boot aufräumen, Mabel klarmachen, Aussenborder dran – und rüber ins Hafenbüro. Eigentlich wollten wir drei Nächte bleiben – zahlten aber versehentlich für den Hafenplatz (50 €/Nacht). Rückerstattung nicht möglich. Also: bleiben wir halt fünf Nächte. 😊


Das Wasser: glasklar. Die Felswände: beeindruckend. Es lässt sich hier gut fünf Nächte aushalten!

Erkundung & Geschichte der Insel
Capraia hat etwa 400 Einwohner. Hoch über dem Hafen thront das Forte San Giorgio, 1540 von der Republik Genua erbaut – zum Schutz vor Piratenangriffen, insbesondere sarazenischen Korsaren. Heute bietet das Forte einen atemberaubenden Blick über die Insel und das Tyrrhenische Meer.

Der Name Capraia stammt vom lateinischen Capraria – „Ziegeninsel“. Wilde Ziegen gibt es kaum noch, aber dafür viele Möwen, Falken, Eidechsen und mediterrane Vegetation.
Morgens erkundeten wir das Dorf, danach ging es zurück aufs Boot in den Schatten. Den Rest des Tages verbrachten wir mit schwimmen, lesen und Blog schreiben. Juna war auch das erste Mal mit auf dem SUP und machte es grossartig. Sie sass einfach ruhig da und schaute sich um. Wenn jemand von uns schwimmen geht, steht sie hinten auf der Badeplattform und schaut ganz gespannt, wo die Person jetzt hingeht. Selber schwimmen findet sie noch nicht so toll - vielleicht kommt es ja noch.

Diese Woche lagen rund 120 Seemeilen hinter uns. Zwei Häfen, eine Insel, erste Mooringbojen-Erfahrung. Und wir sind stolz: auf unser Teamwork, unsere Entscheidungen – und auf all das, was wir gelernt haben. Wir freuen uns auf viele weitere Segelstunden, neue Abenteuer und traumhafte Buchten. ⚓🌊⛵
