
Unser Zuhause auf dem Wasser – Scialla
Eine alte Lady mit Herz, Geschichte und Charakter
Scialla – ausgesprochen "schalla" – ist ein italienisches Wort, das so viel bedeutet wie „Entspann dich“, „Bleib locker“ oder „Mach dir keinen Stress“. Genau dieses Lebensgefühl spiegelt sich in unserem Alltag an Bord wider. Kein Wort beschreibt unser schwimmendes Zuhause wohl besser.

Wir hatten wirklich grosses Glück mit unserem kleinen schwimmenden Zuhause. Scialla mag zwar alt sein, doch Fulvio – ihr Vorbesitzer – hat über zehn Jahre damit verbracht, sie liebevoll wieder auf Vordermann zu bringen. Das sieht man ihr an: Sie wird oft jünger geschätzt, obwohl sie nächstes Jahr stolze fünfzig Jahre alt wird. Eine halbe Ewigkeit auf dem Wasser – und doch hat sie ihren Charme nie verloren.
Trotz all unserer Zufriedenheit ertappen wir uns manchmal dabei, wie wir vom „nächsten Boot“ reden. Unter Bootsbesitzern scheint das ganz normal zu sein. Man träumt, plant und überlegt, was man beim nächsten Mal anders machen würde. In diesem Beitrag erzählen wir euch ein wenig über Scialla, ihre guten und ihre weniger idealen Seiten – und warum wir sie trotzdem nicht eintauschen würden.

Das Herzstück – das Cockpit
Für ihre überschaubare Länge von 10,4 Metern (34 Fuss) hat Scialla ein erstaunlich grosses Cockpit. Genau das hatten wir uns gewünscht, denn hier spielt sich das Leben an Bord ab. Das Cockpit liegt etwas tiefer – ein beruhigendes Gefühl, besonders bei Wellen. Rausfallen? Fast unmöglich.
Den grosszügigen Platz verdanken wir der Pinnensteuerung – einem klassischen Holzhebel, mit dem man direkt das Ruder bewegt. Ein Steuerrad würde viel mehr Platz beanspruchen und lässt sich nicht einfach wegklappen. Mit der Pinne spürt man jede Bewegung, jede Strömung – das Boot reagiert direkt, fast lebendig.

Allerdings hat sie auch ihre Tücken: Beim Rückwärtsfahren wird der Druck auf die Pinne enorm, weil das Wasser von hinten gegen das Ruderblatt strömt. Jan hält sie dann mit ganzer Kraft – ein kleiner Kraftakt jedes Mal. Die Pinne hat sich auch leicht verbogen (Metallverbindung fürs Zusammenklappen) als wir bei starkem Wind in einen Hafen eingelaufen sind. Beim nächsten Boot? Wahrscheinlich eher ein Steuerrad.
Unsere Winschen – also die Seilwinden, mit denen man Segel oder Leinen auf Spannung bringt – sind noch die originalen. Leider nicht selbstholend, das heisst: Wenn wir die Fockschot dichtholen, müssen wir sie stets festhalten, sonst rutscht sie wieder zurück. Etwas mühsam – aber man gewöhnt sich an daran.

An Deck – Ordnung und Risiko zugleich
Ein Grund, weshalb Fulvio Scialla damals verkaufte, war, dass er für gewisse Manöver nach vorne zum Mast musste, etwa um das Grosssegel zu setzen. Je nach Wind und Welle ist das nicht ganz ungefährlich – das haben auch wir schon erlebt. Es gab Momente, in denen wir froh waren, dass alles gut ging.
Bei modernen Booten werden alle Leinen ins Cockpit geführt. Das ist deutlich sicherer, und man setzt eher Mal das Grossegel für kürzere Strecken. Der Vorteil bei Scialla: Das Cockpit bleibt wunderbar aufgeräumt – kein Leinenwirrwarr, keine Stolperfallen. Zusätzlich reffen (verkleinern der Segelfläche) wir bei Nachfahrten immer sehr früh, damit wir im Falle von ungemütlichem Wetter nicht an den Mast müssen.

Unter Deck – unsere kleine Galley
Die Küche, oder in der Seemannssprache Galley, ist klein, aber clever eingerichtet. Wir haben zwei Kühlschränke – ein echter Luxus! Gerade im Sommer ist das Gold wert, und das kleine Gefrierfach sorgt für Eiswürfel an heissen Tagen. Auch der Backofen ist ein Highlight, frisches Brot oder Aufläufe auf dem Meer sind einfach etwas Besonderes.
Der Platz zum Vorbereiten ist zwar knapp, und der Abwasch wartet selten geduldig. Eine zusätzliche Arbeitsfläche wäre zwar praktisch, aber wenig Platz bedeutet auch: wenig zu putzen. Und das ist auf See nie verkehrt.

Die Hundekoje – unsere Bordgarage
Gegenüber der Küche, unter dem Cockpit, befindet sich die sogenannte Hundekoje. Der Begriff stammt aus der Zeit der alten Segelschiffe – es war der Schlafplatz für junge Matrosen, eng und niedrig, wie eine kleine Hundehütte eben.
Als wir das Inserat sahen, war das der einzige Punkt, der uns zögern liess. Wir wollten lieber eine zweite Kabine achtern. Doch das restliche Angebot war zu gut, um abzusagen. Heute nutzen wir die Hundekoje als „Garage“. Sie ist unglaublich praktisch, aber selten ordentlich – ganz gleich, wie sehr man sich bemüht.

Der Salon – gemütlich, praktisch, manchmal gefährlich
Unser Salon ist das Herz des Innenraums. Unter dem Sofa lagert unser gesamtes Werkzeug, weshalb wir den Klapptisch nur auf einer Seite verwenden können. Da wir ohnehin meist ohne Tisch essen, ist das kein Problem.
In den seitlichen Schränken verstauen wir den grössten Teil unserer Vorräte und sonstiges Zubehör. Zum Glück gibt es viele, vor allem tiefe Schränke – im Originalausbau waren das übrigens zusätzliche Schlafplätze, den das Modell "Barberis Show 34" welches Scialla ist, war ursprünglich ein Performance - Cruiser (sie segelt sich daher sehr gut). Nur die Stehhöhe sorgt manchmal für unfreiwillige Flüche: maximal 1,80 Meter, und der Türbogen zum Bad nur 1,58. Wir haben uns schon oft den Kopf gestossen – und noch öfter darüber gelacht. Die Stehhöhe dürfte bei einer zukünftigen Yacht daher gerne höher sein. Bei neueren Designs in Sciallas Klasse (> 30 Fuß) ist sie jedoch in jedem Fall gegeben.

Das Bad – klein, fein und elektrisch
Unsere Toilette hat eine elektrische Spülung – purer Luxus an Bord. Bei manuellen Spülungen sollte man nach jedem Gang 15 Mal an einem Hebel pumpen. Jetzt drücken wir einfach den Knopf, bis das Wasser dreimal eingelaufen und wieder abgesaugt ist. Da wir mit Salzwasser spülen, ist es sehr wichtig, genügend Wasser durch die Schläuche zu pumpen, um eine Krustenbildung zu verhindern.
Auch daran, dass Toilettenpapier nicht hinuntergespült wird, haben wir uns schnell gewöhnt. Mit duftenden Abfall-Beuteln und einem guten System ist das längst kein Problem mehr – auch nicht bei Sommerhitze.

Die V-Koje – eng, gemütlich und dreifach belegt
Vorne im Bug liegt unsere V-Koje, das Bett in Form eines spitzen V. Oben bei den Köpfen misst es 1,80 Meter Breite, unten bei den Füssen sind es gerade noch 20 Zentimeter.
Juna breitet sich meistens quer über die Mitte aus so das für die Menschen nur noch wenig Platz bleibt. So kommt es, dass Janine und Juna manchmal im Salon schlafen, damit alle zu genügend Ruhe kommen, vor allem bei Nächten mit 25 °C. Enge gehört hier einfach dazu – aber das macht das Leben an Bord umso vertrauter. Von einer grossen Koje im Heck mit einem rechteckigem Bett, träumen wir trotzdem manchmal.

Fazit – Eine alte Lady mit Seele
Scialla ist kein modernes Hightech-Schiff. Sie ist eine alte Lady – mit Ecken, Kanten und ganz viel Herz. Sie hat uns in den letzten Monaten gezeigt, dass es auf dem Meer nicht auf Perfektion ankommt, sondern auf Vertrauen, Geduld und Zusammenhalt.
Und jedes Mal, wenn die Sonne das Deck in goldenes Licht taucht, wissen wir: Wir hätten kein besseres Zuhause finden können.