
Von schaukelnden Nächten, tierischen Begegnungen und der Kunst, langsam zu leben
Unsere erste Woche vor Anker, Wanderwege und ligurische Küstenstädtchen
Los geht's - Wellen, Motorstunden und Magenverstimmungen
Am Montag klingelte unser Wecker – das erste Mal seit Langem wieder. Um sieben Uhr – definitiv nicht unsere Lieblingszeit. Entsprechend lief alles etwas gemächlicher an. Janine und Juna machten noch einen letzten Strandspaziergang in Lavagna. Währenddessen machte Jan das Boot startklar. Danach gab’s ein feines Müesli zum Frühstück, und so legten wir schliesslich kurz vor 10 Uhr ab.
Arrivederci Lavagna.

Es war fast kein Wind – dafür aber ziemlich hohe Wellen. Zum Glück haben wir Reisetabletten dabei. Das Müesli von Janine wurde leider trotzdem kurz darauf zu Fischfutter…
Unser erstes Ziel war Levanto – mit der Option, direkt bis Porto Venere weiterzufahren, falls uns der Ankerplatz nicht zusagen würde. Nach rund drei Stunden Fahrt unter Motor (mit dem Grosssegel als Stabilisator) kamen wir in der Bucht von Levanto an – und wussten schnell: Hier bleiben wir nicht. Zu offen, zu rollig – das hätte eine sehr unruhige Nacht gegeben.

Also weiter. Direkt gegenüber von Porto Venere liegt Palmaria, die grösste Insel des Ligurischen Archipels. Fast unbewohnt, autofrei (nur ein paar wenige Fahrzeuge für die Inselbewohner) und ein kleines Naturparadies: dichter Macchiawald, steile Klippen und versteckte Badebuchten prägen die Landschaft. Nach weiteren drei Stunden Fahrt fanden wir hier unseren Ankerplatz.
Wir warfen noch einen kurzen Blick auf Porto Venere, bevor wir erschöpft ins Bett fielen.

Zwischen Inselpfaden und Stadtflair
Die Gegend ist traumhaft – aber nicht ganz ruhig. Da die nahegelegenen Cinque Terre sehr touristisch sind, verkehren hier den ganzen Tag über Fähren und Wassertaxis. Unser Ankerplatz war dadurch etwas schaukeliger als gedacht.

Am nächsten Morgen erkundeten wir die Insel Palmaria. Die Wanderwege sind gut gekennzeichnet – wir folgten dem „Sentiero dei Condannati“ (Weg der Verurteilten) und kamen am Forte Cavour vorbei. Diese Festung wurde 1859 auf napoleonischen Fundamenten gebaut und bot einst auf einem einzigen Stockwerk Platz für 330 Soldaten. Umgeben von einem Wassergraben, war sie nur über eine Zugbrücke erreichbar. Heute wurde es zum grössten Teil von der Natur zurückerobert und ist eine nicht zugängliche Ruine.



Im Wald begegneten wir frei laufenden Ziegen. Juna war begeistert, rannte fast los – stoppte aber sofort, als wir sie zurückriefen. Wir dachten, das seien die einzigen tierischen Bewohner hier. Doch dann sahen wir sie: neun Pfauen! Zwei davon ganz in Weiss, einer mit dem vollen Rad aus langen Federn, der Rest mit kürzerem Gefieder – vermutlich Weibchen oder jüngere Männchen. Sie stolzierten teils am Boden herum und kamen neugierig auf uns zu oder standen auf dem kleinen Dach in der Nähe.


Abends ging’s nach Porto Venere: durch die engen Gassen flanieren, Fotomotive sammeln und natürlich ein Gelato. Nach der Ruhe in Lavagna war der Trubel fast ein kleiner Kulturschock – umso mehr genossen wir dann wieder die Stille an Bord.



Am Mittwoch erkundeten wir Porto Venere bei Tageslicht – mit der imposanten Festung Doria, der Kirche San Pietro, pastellfarbenen Häusern und verwinkelten Gassen. Wer eine ruhigere, kleinere Alternative zur Cinque Terre sucht, ist hier genau richtig.



Mit Mabel (unserem Dinghy) fuhren wir am nächsten Tag etwa eine halbe Stunde in die nächste Bucht, um das kleine Dörfchen "Le Grazie" zu entdecken. Da uns bereits einmal das Benzin ausgegangen war und wir anschliessend gegen Wind und Wellen rudern mussten, nahmen wir diesmal unseren Benzinkanister mit :) Viel los war dort nicht – aber gerade das machte den Reiz aus. Wir folgten einem Waldweg den Berg hinauf, vorbei an apokalyptisch aussehenden Häusern, bis die Natur uns schliesslich zum Rückzug zwang.


Am Abend gingen wir in Porto Venere essen. Pizza - sehr lecker! Wir kochen fast immer an Bord, aber ab und zu darf’s auch mal eine Auszeit geben.

Alltag vor Anker
Palmaria ist perfekt, wenn man mit Hund unterwegs ist: viel Schatten, Wald und schöne Wege. Wir wanderten noch einen anderen Pfad entlang, vorbei am Forte Umberto. Viel zu sehen gab es davon zwar nicht – dafür war die Aussicht auf die Insel Tino umso schöner.

Kurz vor Ende unseres Spaziergangs schrie Juna plötzlich auf und humpelte. Wir wissen nicht genau, was passiert ist – vermutlich einfach unglücklich aufgetreten. Beim Abtasten zeigte sie keine Reaktion, in der Pfote war nichts zu finden. Also hiess es: Ruhe.

Während Juna sich erholte (sie lief am nächsten Tag bereits viel besser), holten wir mit unserem 20-Liter-Kanister zweimal Frischwasser (es gibt auf Palmaria einen öffentlichen Trinkwasserhahn), tankten Mabel und den Benzinkanister auf, putzten die durchsichtigen Teile der Sprayhood (eine Art Schutzverdeck im Cockpit) und schmierten die quietschende Pinne (Steuerhebel). Jan machte Server-Updates für seine Kunden, Janine arbeitete an ihrem neuen Projekt. So verfliegen die Tage – und schon neigte sich eine Woche an unserem ersten längeren Ankerplätzchen dem Ende zu.

Slow Living – das ist definitiv unser Lebensmotto geworden.

Wir machten nur noch kurze Landgänge, um Junas Pfoten zu schonen. Dafür holten wir das SUP aus seiner Tasche und drehten ein paar Runden um Scialla. Auch eine freche Möwe hat sich zwischenzeitlich auf dem SUP ausgeruht. Die Temperaturen sind zwischen 21 - 24° und es herrscht ein eher kühler Wind – Trotzdem ist es wunderbar erfrischend eine runde zu schwimmen - wenn auch nur kurz oder um zu duschen ;-)



Ein Blick voraus
Wir planten unsere Weiterreise und passten sie dem Wetter an: Für nächste Woche ist ein stürmischer Tag angesagt. Unser Plan ist es, diesen sicher im Hafen von Pisa auszusitzen. Die Reservation steht, am Montag geht’s weiter. Kein Stress – wir haben ja Zeit und Pisa stand sowieso auf dem Plan - halt etwas später als erst gedacht.

Am 1. Juni startet hier offiziell die Badesaison. Den Vortag verbrachten wir gemütlich in der kleinen Strandbar auf Palmaria. Am nächsten Tag dann die Überraschung: Als wir von unserem Spaziergang zurückkamen, wurden mit grossen Ausflugsbooten Touristenmassen „angeliefert“. Auch unsere Bucht füllte sich zunehmend mit Booten – in Italien steht das verlängerte Wochenende rund um den Feiertag „Festa della Repubblica“ an.

Was auffällt: In Italien darf man Boote mit bis zu 40 km/h auch ohne Führerschein mieten – und das merkt man. Viele halten sich kaum an die Regeln, düsen nahe an ankernden Booten vorbei oder fahren direkt durch Badezonen. Scialla tanzte den ganzen Tag umher.
Doch wir bleiben gelassen. Unser Vertrauen in unseren Anker ist in dieser Woche deutlich gewachsen. Es braucht einfach Zeit – und Geduld.

Jetzt geht’s für uns weiter in den sicheren Hafen. Porto di Pisa wir kommen.

Barking Blue
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