
Unser Start in die Wintermonate
Zwischen Winter, Wartung und Flaggenwechsel
Übers Wochenende bereiteten wir uns für die Abreise vor. Füllten Dieselkanister an einer naheliegenden Tankstelle auf, bunkerten günstiges Trinkwasser im Hafen (0.10€ pro Liter) und luden die Batterien. Mehrmals checkten wir das Wetter, den die Wetterfenster werden immer kleiner.


Am Montag legten wir in Bisceglie ab und machten uns auf den Weg nach Manfredonia. Während wir am Rande eines stürmischen Wettergebiets entlangfuhren, gingen immer wieder kräftige Böen über das Wasser, denen windstille Abschnitte folgten. Weshalb wir entschieden, nur die Fock zu setzen und zusätzlich den Motor laufen zu lassen. Die Fock können wir im Notfall rasch reffen – das Gross verlangt deutlich mehr Handgriffe und wir müssen vorne ans Deck zum Mast. Da für die letzte Fahrt des Jahres höhere Wellen und Regen angekündigt waren, nahmen wir es lieber gemütlich und sicher. Wir kamen gut voran und erreichten nach sechseinhalb Stunden und 35sm unser Ziel.

Der Kontakt zum Hafen (Marina del Gargano - Manfredonia) funktionierte problemlos. Man wies uns sauber ein und erklärte alles ruhig und verständlich. Für uns war es das erste Mal ohne Mooringleinen am Bug – stattdessen legen hier alle Boote seitlich an einem U-förmigen Steg an. Ungewohnt, aber mit Hilfe des Hafenmeisters klappte es wunderbar. Der erste Eindruck: modern, gepflegt, freundlich – genau das, was man sich für einen langen Winteraufenthalt wünscht. Am Abend zogen wir noch durch die Strassen und sammelten erste Eindrücke von der Stadt.
Wintermodus: Projekte, Reparaturen und Pläne
Kaum angekommen, starteten die Winterprojekte. Jan widmete sich als Erstes unseren Windinstrumenten, die auf dem letzten Abschnitt ausgefallen waren. Nach Überprüfung aller Kabel und Stecker, scheint lediglich die Batterie, am kabellosen Windmesser oben am Mast, am Ende ihres Lebens zu sein.

Von einem Hafenmitarbeiter erhielten wir zudem die Nummer einer Volvo Penta Werkstatt – eigentlich wollten wir den Service unseres Dieselmotors noch im Mai in Lavagna durchführen, doch dort hatte niemand Zeit. Inzwischen haben wir seit letztem November rund 330 Motorstunden angesammelt, also höchste Zeit, einmal alles sauber durchzuchecken und Öl, Filter und Riemen zu tauschen (man sollte alle 250 Stunden oder einmal pro Jahr einen Service durchführen). Zukünftig wird Jan dies selbst übernehmen, doch beim ersten Mal möchte er einem Profi über die Schulter schauen, bevor er selbst Hand anlegt.

Auch unser Rigg (Takelage) – das stehende (Mast, Wanten, Stage) und teile des laufende Guts – benötigen eine Kontrolle. Scialla ist eine ältere Dame und da wir noch nie oben am Mast waren, möchten wir alles von einem Profi kontrollieren lassen. Also schrieben wir einen Rigger an, und schon am nächsten Tag stand er auf dem Steg. Englisch spricht er nicht, wir kein Italienisch – zum Glück gibt es DeepL, das live übersetzt. Kommunikation gelöst! Am Montag kommt er wieder, dann wird jemand den Mast hochklettern und alles gründlich prüfen. Wir sind gespannt.
Da wir Pakete direkt in den Hafen schicken dürfen, gaben wir eine grosse Bestellung bei SVB.de auf: neue Wasserfilter, Sikaflex fürs Abdichten der seitlichen Fenster, Dichtungen für die Luken, Tankreiniger, USB-C Steckdosen, Segelreparatur Tape und neue Flaggen. Denn während unseres Winterstopps möchten wir Scialla umflaggen. Von der italienischen auf die polnische Flagge – eine Entscheidung, die für Langfahrer immer beliebter wird. Die italienische Registrierung erfordert eine italienische Domizil-Adresse (jährliche Gebühren) und alle fünf Jahre eine RINA-Prüfung in Italien (vergleichbar mit TÜV). Die Qualität dieser Prüfungen variiert, und ohne Sprachkenntnisse kann das schnell teuer werden. Die polnische Flagge ist unkomplizierter, günstiger und ohne Domizil-Adresse möglich – perfekt für uns.
Warum keine Schweizerflagge?
Viele fragen uns das – die Gründe sind eigentlich simpel.
Um unter Schweizerflagge zu segeln, benötigt man den Schweizer Hochseeschein. Eine hervorragende, umfassende Ausbildung, aber teuer und zeitintensiv. Für den Schein muss man eine weitreichende theoretische Prüfung ablegen und 1’000 Seemeilen nachweisen. Für uns hätte das bedeutet, mehrere Törns nur zum Meilensammeln zu buchen – zeitlich wie finanziell unpassend.
Seit einigen Jahren besteht jedoch die Möglichkeit, in der Schweiz den deutschen Sportbootführerschein See (SBF See) zu erwerben. Dieser ist weltweit anerkannt und zusammen mit einem SRC-Funkschein, dem Schweizer Segelschein D sowie einem Skippertraining auf dem Meer eine Alternative zum Schweizer Hochseeschein – für uns der stimmigere Weg.
Winter kommt – und mit ihm neue Herausforderungen
Die Tage werden kühler, immer wieder regnet es. Der Winter steht auch hier in Süditalien vor der Tür. Unser kleines Elektroöfeli leistet gute Arbeit, obwohl die Strompreise mit 0.50 € pro kWh höher sind als in vielen anderen Häfen. Deshalb kochen wir häufiger mit Gas – denn das wärmt nebenbei etwas mit. Wenn das nächste Mal die Sonne scheint, möchte Jan die Dieselheizung begutachten und allenfalls ausbauen. Vielleicht lässt sie sich ja "einfach" reparieren.
Eine Herausforderung bleibt: Unsere Schränke hinten an den Bordwänden fühlen sich feucht an, Kondenswasser bildet sich überall. Das wird eine Herausforderung, sobald wir das Boot für einige Zeit verlassen. Wir müssen Lösungen finden, damit sich während unserer Abwesenheit kein Schimmel bildet.
Nun richten wir uns hier ein, geniessen die kühleren, ruhigeren Tage im Hafen und arbeiten Schritt für Schritt unsere Liste ab – bevor wir Mitte Dezember für ein paar Wochen in die Schweiz reisen und im neuen Jahr zu unserem schwimmenden Zuhause zurückkehren. Dann gehts weiter mit der zweiten Saison, auf die wir uns riesig freuen!

